Soziale Arbeit und soziale Hilfe unterliegen in der modernen Gesellschaft einem Motiv-, einem Stigmatisierungs- und einem Effizienzverdacht. Solange sich die theoretische Reflexion von Sozialarbeit und Sozialhilfe an der Leitdifferenz von Konformität und Devianz orientiert, kann diesen Verdachtsmomenten weder theoretisch noch praktisch begegnet werden. Der Beitrag macht daher den Vorschlag, die bisher nur als „tragic choice“ mitgeführte, also ausgeblendete Option der Nichthilfe mit der Möglichkeit der Hilfe zusammenzusehen und beide Möglichkeiten als die beiden Seiten einer Differenz zu betrachten, die von einem Teilsystem der Gesellschaft eingeführt, durchgesetzt und betreut wird. Anhand der Begriffe Funktion, operationale Geschlossenheit und Codierung wird die Hypothese geprüft, daß sich in der modernen Gesellschaft ein Funktionssystem der Sozialhilfe ausdifferenziert hat, das mittels des Codes von Helfen versus Nichthelfen Defizite kompensiert und in der Gesellschaft und stellvertretend für die Gesellschaft Inklusionsprobleme der Bevölkerung betreut. Wenn sich diese Hypothese aufrechterhalten läßt, gewinnt man daraus Vorteile einer Differenzierung zwischen dem Funktionssystem auf der einen Seite, das die beiden Werte des Codes gleichwertig, also als unentscheidbar, behandelt, und Organisationen auf der anderen Seite, die auf der Ebene der Einführung dritter und vierter Werte Programme testen und anwenden, die entscheidbar machen, wann geholfen und wann nichtgeholfen wird. Die Einführung der Funktionssystemperspektive führt ferner dazu, für alle Arten helfender Intervention eine Systemreferenz anzugeben, die diejenige des intervenierenden Systems selber ist. Der Erfolg der Intervention ist Zufall, und nur deswegen ist das System freigestellt, seine eigenen Operationen autonom zu konditionieren.