Zusammenfassung Die Religiosität türkischer Einwanderer zeichnet sich durch eine erstaunlich hohe intergenerationale Stabilität aus. Dieser Beitrag diskutiert existierende theoretische Erklärungsansätze für Religiosität im Generationenverlauf und überprüft sie anhand empirischer Daten der in Deutschland durchgeführten Generations- and Gender Surveys (GGS). Dabei wird gezeigt, dass die klassische Assimilationstheorie und Konzepte der symbolischen oder kompensatorischen Religiosität ebenso wenig eine befriedigende Erklärung dieses Phänomens bieten wie der Hinweis auf die allgemein hohe Wertestabilität in Migrantenfamilien. Weder nimmt die Religiosität zwischen erster und zweiter Generation ab, noch erfährt sie einen Bedeutungswandel hin zu einer primär symbolischen Dimension der Lebensführung. Auch finden sich nur schwache empirische Evidenzen für die Thesen, dass intensive Religiosität eine Domäne der gesellschaftlichen „Verlierer“ ist oder lediglich einen Spezialfall einer generell hohen intergenerationalen Wertestabilität im Migrationskontext darstellt. Abschließend werden daher makrosoziologische Erklärungsansätze entfaltet, die muslimische Religiosität auf die Diversifizierung des islamisch-religiösen Feldes und auf die Salienz von Religion als symbolischer Grenze gegenüber Einwanderern beziehen.